Reisetagebuch Müritz im Herbst 2019

In diesem Jahr nutzen wir die Herbstferien, um uns im Müritz Nationalpark fotografisch auszutoben. Kraniche, Rothirsche und ein herbstlicher Wald dürften für eine abwechslungsreiche Motivvielfalt sorgen. Mit dabei auch meine Frau, die zunehmend gefallen vor allem an der Makrofotografie findet. Motivspürhund Spyke ist natürlich immer an unserer Seite.

Erstmalig mit dabei sind auch die zwei Neuen in der Fotofamilie: Meine Lumix DC-G9 sowie das Leica 8-18mm 2.8-4 Superweitwinkel.

Meine Frau hat die DC-G70 übernommen und nutzt dabei vor allem das 60mm Makroobjektiv von Olympus sowie das Panasonic 100-300mm 4.0-5.6 und die Festbrennweite 42,5mm 2.8.

Also los!

01.10.2019 Anreise

Nach getaner Arbeit und mit einem zum Bersten vollen Auto geht es gen Osten – dem Regen entgegen. Ziel ist der kleine Ort Federow mitten im Nationalpark, wo wir uns im Gutshaus eingemietet haben. Die Lage des Hotels ist der perfekte Ausgangsort für die diversen geplanten Touren durch die Wälder zu den umliegenden Beobachtungsstellen an Seen und Lichtungen. Vor allem der nur 2km entfernte Rederangsee dient als Schlafplatz für die rastenden Kraniche und ist so ein beliebter Hotspot für Vogelbegeisterte und Naturfotografen.

Schon vor Klink (Partnerstadt von Steinbergkirche) erwartet uns ein Feld neben der Bundesstraße mit annähernd 1000 dieser schönen, aber nicht gerade melodisch trötenden Vögel. Da gerade keine Möglichkeit zum Anhalten besteht und die Fotoausrüstung noch gut verstaut im Kofferraum weilt, fahren wir erstmal weiter und merken uns den Standort für die nächsten Tage…

Da es bei unserer Ankunft bereits dunkel wird und die Kraniche über unsere Köpfe hinweg zu ihren Schlafplätzen fliegen, gibt es für uns nur eine erste kleine Orientierungsrunde mit dem Hund und dann ein wunderbares Wildschweingulasch im Gutshaus.

02.10.2019

Der zweite Tag begrüßt uns mit Regen, so dass wir den Morgen mit der Planung des Tages auf dem Zimmer verbringen. Als es dann gegen 10 Uhr endlich trocken wird, machen wir uns als erstes auf zum Rederangsee. Rechts und links neben den verschlungenen Wanderwegen durch den naturbelassenen Eichenwald findet sich ein Eldorado für Makrofotografen – Pilze der verschiedensten Farben, Formen und Größe in Hülle und Fülle! Wie bestellt kommt dann auch die Sonne raus und lässt deren feuchten Hüte glitzern und Regentropfen erstrahlen. Nicht nur unser Hund, auch einige Spaziergänge wundern sich etwas darüber, warum sich zwei erwachsene Menschen auf dem regennassen Waldboden in teils abstrusen Haltungen suhlen – was tut man nicht alles für das perfekte Foto?!

An der Aussichtshütte am See angekommen haben wir einen tollen Blick über den Rederangsee, den zu dieser Tageszeit allerdings nur ein paar Limikolen und einige Schwäne bevölkern. Immerhin schaut kurz der Seeadler vorbei und dreht ein paar Runden über dem See um dann ohne Mahlzeit wieder von dannen zu ziehen. Klar, dass wir hier noch mal wieder vorbeischauen werden. Deshalb schnell noch mal zur Nationalpark Infohütte in Federow, um uns für den nächsten Tag für eine abendliche Kranichtour anzumelden. Gleichzeitig bekommen wir hier gute Tipps zur Beobachtung der letzten Tage der Hirschbrunft und für einen Nachmittäglichen Ausflug.

Dieser führt uns dann zum Warnker See. Hier sind zwei Kormorankolonien zu bestaunen, wobei die erste ziemlich ungünstig im Gegenlicht der inzwischen recht flach stehenden Sonne liegt. Weder Gegenlichtblende noch konsequentes Abblenden können hier Abhilfe schaffen, da das schwarze Federkleid der Tiere die Sonne stark reflektiert. Deshalb wandern wir noch einmal auf die andere Seite des Sees, wo die Sonne um diese Zeit im Rücken steht. Unterwegs treffen wir noch einen Fuchs, der gemächlich auf der Suche nach Abendbrot über die Felder streicht. Leider in einem Abstand, in dem kein vernünftiges Foto möglich ist. Unterwegs treffen wir kaum andere Menschen.  An der Beobachtungshütte angekommen sind wir dann doch überrascht knapp zehn Vogelfreunde anzutreffen. Alle wollen einen Blick auf den Seeadler werfen, der auf einem alten Baum sitzt und nach Abendessen Ausschau hält. Auf dem See schwimmen mehrere tausend Enten, die sich hier regelmäßig versammeln. An guten Tagen sollen es mehrere Zehntausend sein. Mit nahender Dämmerung wandern wir die rd. 4 Km zurück zum Auto und fahren wieder nach Federow, wo es Mecklenburger Nackenbraten mit Klößen (ich) und Schnitzel mit Bratkartoffeln (Annika) gibt. Dann schnell zu Lagers, da am nächsten Morgen frühes Aufstehen angesagt ist.   

03.10.2019

Der Wecker klingelt um 5 Uhr! Schnell die gepackten Sachen gegriffen (Regenkleidung, Wechselobjektive und Equipment, Instantkaffe – nur KEINE Taschenlampe… die liegt warm und trocken zu Hause) und los geht es nach Schwarzenhof. Von dort führt uns ein Waldwanderweg 3km durch den stockfinsteren Morgen zum Specker Horst. Unsere einzige „Lichtquelle“ sind hier und da Glühwürmchen, die am Wegesrand sitzen. Nach rund der Hälfte der Strecke führen zwei Käuzchen einen lautstarken Dialog. Nur wenig später stimmen drei Rothirsche mit ihrem Brunftgeschrei mit ein. Anwärter auf den Grand Prix werden sie damit nicht.

Das Brunftgeschrei, was man hier und da hört, ist allerdings auch das Einzige, was wir von den Rothirschen an diesem Morgen mitbekommen. Vor unsere Kameras trauen sie sich nicht. Lediglich zwei Singschwäne fliegen über den Hochsitz hinweg. Nach Sonnenaufgang gegen 8 Uhr beschließen wir deshalb, den Rückweg anzutreten – schon gespannt darauf, wie der Weg wohl im Hellen aussehen mag.

Wie wir ja bereits bei der Anreise gesehen haben, scheinen die Kraniche zum Fressen in die Nähe von Kisserow zu ziehen. Also tuen wir es ihnen gleich und hoffen, die Tiere dort auf einem der Felder anzutreffen. Treffer! Auf einem abgeernteten Maisfeld stehen an die 500 Kraniche und schlagen sich den Kropf voll. Wir beobachten die Tiere aus dem Auto heraus und es ergeben sich gute Gelegenheiten für das ein oder andere Foto. Allerdings sind auch hier maximale Brennweiten gefragt.

Am späten Nachmittag geht es dann los zur durch Ranger geführten Kranichtour an den Rederangsee, der ab dem späten Nachmittag für die Öffentlichkeit gesperrt wird, um den Kranichen eine ungestörte Nachtruhe zu ermöglichen. Gleich zu Beginn wurden wir darüber informiert, dass der Wasserstand zur Zeit so gering ist, dass die Kraniche in den letzten Tagen andere Schlafgebiete aufgesucht haben. Mit etwas Glück könnten wir aber spektakuläre Überflüge zu sehen bekommen.

Kurz vor der Abzweigung zur Beobachtungshütte das erst Highlight. Ein Rudel Rotwild (etwa 35 Stück) äsen am Waldrand in rund 500m Entfernung. Unter ihnen auch ein kapitaler Geweihträger, der sich gleich nach Ankunft in der Hütte mit ein paar seiner Damen am Ufer des Sees blicken lässt. Von den Kranichen ist weit und breit nichts zu sehen oder zu hören.

Die Wartezeit überbrückte dann ein Waschbär, der am Seeufer nach Abendbrot sucht. Kaum war dieser wieder im Dickicht verschwunden, hören wir das erste Tröten der Kraniche, die in immer größer werdenden Gruppen Kurs auf den See nehmen und sich schließlich am seichten Ostufer zur Abendruhe niederlassen. Inzwischen ist es so dunkel, dass nur noch mit extremen ISO Zahlen Verschlusszeiten erreicht werden können, die brauchbare Fotos ohne Stativ noch ermöglichen. An die 1000 Tiere finden sich erst lautstark ein, nach einiger Zeit ist aber nur gedämpftes Rufen zu hören, bis es schließlich fast still wird am See. Gegen 19.30 Uhr treten auch wir auf leisen Sohlen den Heimweg an. Als Krönung an diesem langen Tag gibt es fantastischen Hirschbraten mit frischen Waldpilzen aus den umliegenden Wäldern im Gutshaus.


04.10.2019

Heute lassen wir es mal etwa ruhiger angehen. Nach dem Frühstück machen wir uns auf nach Speck. Es steht eine 5km lange Wanderung durch einen alten Eichenwald vorbei am Mühlensee und Hofsee an. Unterwegs müssen wieder die verschiedensten Pilze als Fotomodelle herhalten. Insbesondere Fliegenpilze sind dieses Jahr stark vertreten. Aber auch wunderschöne Steinpilze und sogar eine Krause Glucke säumen unseren Weg. Für die Strecke brauchen wir dann auch 3 Stunden, weil an jeder Ecke die Kameras gezückt werden. Schade ist nur, dass die Sonne sich so gar nicht blicken lässt. Das hätte das ein oder andere Foto nochmal aufgewertet. Aber auch so sind einige gute Bilder entstanden.

Den Nachmittag nutzen wir, um das Tagebuch weiterzuführen. Abends geht es dann zum essen nach Waren in das Restaurant Leddermann direkt am Hafen (sehr zu empfehlen!!). Auf dem Rückweg ist es dunkel und regnet und sobald wir den Wald erreicht haben, zeigt sich die heimische Tierwelt im Scheinwerferlicht. Zuerst kreuzen drei Waschbären unmittelbar vor uns die Straße und klettern auf einen Baum direkt neben unserem Auto. Die Neugierde, mit der sie uns betrachten, scheint stärker zu sein, als ihre Angst.  

Neben Damm- und Rotwild sehen wir dann sogar noch einen Dachs, der sehr gemächlich etwa zwei Meter neben der Straße daher trottet.

Da morgen der Wecker wieder um 5 Uhr klingelt, geht es für uns nun zeitig zu Bett.

05.10.2019

Als der Wecker klingelt, fragt man sich schon einen kurzen Moment, ob es das wirklich wert ist oder ob man sich nicht einfach nochmal gemütlich im Bett umdreht. Aber da man das immer erst hinterher weiß, heißt es um 5 Uhr: raus aus den Federn und ab zu den Warener Hauswiesen.

Wieder einmal stehen 4km Fußmarsch im Stockdunklen an. Wieder hören wir die Hirsche nur etwa 300m neben uns röhren. Wieder lassen sie sich nicht blicken.

Weil es inzwischen recht hell ist, beschließen wir nach dem Morgenkaffee den Rückzug anzutreten und dabei nochmal in der zweiten Beobachtungshütte am Rederangsee vorbei zu schauen. Vielleicht können wir die Kraniche beim Aufflug fotografieren. Aber auf dem See steht kein einziger Kranich! Stattdessen tummeln sich sechs bis sieben Seeadler im östlichen Uferbereich und fangen Fische. Und dann plötzlich kommen aus dem Wald dann doch unsere ersehnten Rothirsche mit ihren Damen an die Wasserkante. Leider waren die Lichtverhältnisse sowie der Abstand nicht ideal, aber wir haben versucht das Beste daraus zu machen. Auf jeden Fall ein einzigartiges Erlebnis – und das noch vor dem Frühstück.

Nach einer kurzen Pause, in der wir unsere ca. 1200 Fotos sichten (übrig bleiben dann nur knapp 120) gehen wir dann eine Runde um den Hofsee, der direkt an unserem Hotel liegt. Das Wetter ist mittlerweile sehr durchwachsen, so dass wir es bei einer kleinen Runde belassen.

Anschließend gönnen wir uns, weil heute der letzte Tag ist, frisch gebackenen Kuchen im Hotelcafé.

Als sich am späten Nachmittag doch noch einmal die Sonne blicken lässt, fahren wir ein Stück Richtung Waren, um das weiche Abendlicht am Waldrand auszunutzen. Diesmal allerding nur mit schmalem Equipment. Neben der DC-G9 mit dem Leica 50-200mm ist die DC-G70 mit dem Olympus 60mm Makro mit dabei. Und endlich kommt auch wieder das Rollei-Stativ als Unterstützung für die ruhige Hand bei den Nahaufnahmen zum Einsatz. Die Heimfahrt wird durch den wieder einsetzenden Regen beschleunigt und der nasse Waldboden gegen ein warmes Plätzchen im Hotelrestaurant eingetauscht.


06.10.2019

An unserem Abreisetag werden wir um halb acht von den lieblichen Gesängen der über unser Hotel hinwegziehenden Kraniche sanft aus dem Schlaf geweckt – TRÖÖÖÖÖT   . Der Morgen präsentiert sich von seiner schönsten Herbstseite. Die Sonne bricht sich ihre Bahn durch den Bodennebel und lässt den Raureif auf Blättern und Wiesen glitzern. Überall lauern gute Motive, schade nur, dass wir unsere Sachen packen und die Heimreise antreten müssen. Aber auch unterwegs werden wir die Augen offen halten und sicher den ein oder anderen Fotostopp einlegen.

Einen Stopp legen wir dann auch ein – allerdings eher unfreiwillig. Genauso wenig melodisch wie der Kranichgesang verabschiedet sich unser Auto lautstark aus dem aktuellen Verkehrsgeschehen. Wohl dem, der einen Schutzbrief hat und eine Thermoskanne Kaffee, mit der die Wartezeit auf dem Standstreifen verkürzt wird. So werden wir auf kürzestem Wege von der Autobahn bei Lübeck (13°° Uhr) nach Lübeck zur Werkstatt geschleppt (14°° Uhr), von da geht es dann mit dem Mietwagen weiter. Der steht allerdings in Hamburg. Wir werden also mit dem Taxi (16°° Uhr) nach Hamburg Wandsbek gebracht und bekommen da und einen ausreichend großen Mietwagen, in dem viel Gepäck, zwei Personen und ein Hund Platz finden (17.30 Uhr). Ach, welche Freude, als wir dann gegen 20°° Uhr endlich zu Hause eintrudeln.

Trotz des unschönen Endes bleibt es ein toller Urlaub mit reichlich eindrucksvollen Naturbegegnungen. Müritz – wir kommen wieder!

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