Reisebericht Wildeshauser Geest 2020
Es ist immer schön, an bekannte Plätze zurückzukehren und gute Fotospots aufzusuchen. Denn hier sind die Motive, ist das Licht und die Umgebung bekannt. Ich weiß, welche Ausrüstung ich brauche und wo die „Sonnenseiten“ sind und ich kann mich voll und ganz auf das Erwartete oder manchmal auch Unerwartete einlassen.
Um neue Motive aufzuspüren und kennenzulernen gehört es aber auch dazu, mal etwas Neues anzuschauen. Aus diesem Grund habe ich meine letzten Urlaubstage genutzt, um mich in der Wildeshauser Geest in Niedersachsen umzuschauen. Diese liegt im Kreis Oldenburg nur wenige Kilometer südwestlich von Bremen.
Ganz unterschiedliche Landschaften und damit auch Motive sind hier zu finden und ich wollte mir zunächst einfach mal einen Überblick verschaffen.
Mein Lager habe ich für drei Nächte im Gut Altona aufgeschlagen, einem zum (Tagungs)hotel umgebauten Gut unmittelbar vor den Toren Wildeshausens.
15.07.2020
Früh in Roikier aufgebrochen, bin ich bereits gegen Mittag am Ziel. Schnell das Zimmer bezogen und die Ausrüstung gepackt und los zu den Ahlhorner Fischteichen. Eine größere Teichwirtschaft mit zahlreichen Teichen und vielen Wanderwegen. Dazwischen immer wieder Abschnitte mit sehr ursprünglichem Wald und artenreicher Vegetation. Nach rund 2 stündiger Wanderung von gut 8 Km kann ich mir einen guten Eindruck von der Gegend machen. Der Eindruck des Geländes ist sehr vielversprechend. Bis auf einige Admiräle und Raupen des Jakobskrautbäres, die sich auf dem verbreiteten Jakobskreuzkraut tummelten, bleibt die Tierwelt allerdings weitgehend im Verborgenen. Nur ein paar Vögel sind zu hören aber kaum zu sehen.
Den ersten Tag beende ich dann mit einem leckeren Essen im hoteleigenen Restaurant, da am nächsten Tag eine erneute Wanderung ansteht.
16.07.2020
Neuer Tag neues Glück. Nach einem hervorragenden Frühstück (unter Corona-Bedingungen) steht der Hasbruch auf dem Programm. Ein richtiger Urwald mit einem enorm alten Eichenbestand, unter anderem Heimat der inzwischen recht selten gewordenen Feuersalamander. Das Wetter ist wie am Vortag ein gutes Stück über 20°C bei hoher Luftfeuchtigkeit. Also Ausrüstung gepackt und nix wie los. Ich habe mir einen Rundweg von 7,5 Km ausgesucht, der dann letztlich wegen einiger Umwege zu etwas mehr als 9 Km wird. Der Hasbruch ist in der Tat sehenswert. Ich muss zwar feststellen, dass einige der in der Karte aufgeführten Eichen nur noch Totholzgebilde darstellen, aber auch diese sind von beeindruckendem Umfang. Der imposanteste Baum ist die Friederikeneiche, deren Lebensalter auf rd. 1200 Jahre geschätzt wird und die somit zweitältester Baum Deutschlands ist. (Nur eine hessische Linde ist noch ein paar Jahre älter). Zwischendurch führt der Pfad immer wieder durch einen echten Urwald. Überall Totholz und damit verbundenes „Leben im Untergrund“. Erneut sind viele Vögel zu hören, aber ob des dichten Waldes gibt es wenig Chancen, diese auch zu Gesicht, geschweige denn vor die Kamera zu bekommen. Dabei liest sich die Liste der vorhandenen Arten durchaus vielversprechend: Neben den Salamandern sind wohl auch regelmäßig seltene Grauspechte anzutreffen. Naja, der Buntspecht, der mir über den Weg fliegt, ist auch sehr ansehnlich. Trotz der mageren Fotoausbeute ein toller Spaziergang in ungewöhnlichem Umfeld.
Nach kurzer Pause dann noch einmal raus, denn ich will ja einen Eindruck der Region und ihrer vielfältigen Biotope bekommen. Diesmal steht der nahegelegene „Huntepadd“ auf dem Programm. Ein knapp 5 Km langer Rundweg um einen Abschnitt des Flusses Hunte, im idyllischen Nachbardorf Dörtlingen. Auch dieser Weg hat landschaftlich viel zu bieten. Einen hochgelegenen Buchenwald an dessen Fuß sich die Hunte entlangschlängelt: Sanddünen, die durch Anpflanzungen am Wandern gehindert werden, Magerwiesen mit vielen Insekten und beeindruckende Megalith-Gräber. Ich brauche sicherlich nicht zu erwähnen, dass sich die Tierwelt auch an der Hunte vornehm zurückgehalten hat. Ein schöner Spaziergang ist es aber allemal und zum Ende hin wird dieser durch den Gesang des örtlichen Kirchenchores begleitet, der seine Probe ins Freie verlegt hat. In Dörtlingen steht ebenfalls eine beachtenswerte alte Eiche, die allerdings nur noch fragmentarisch vorhanden ist und es wohl (außer in den touristischen Materialien) auf „nur“ 500-600 Jahre bringt.
Abends dann wieder ein leckeres Essen in Wildeshausen. Diesmal im Garten des alten Amtshauses neben der Kirche. (Etwas befremdlich ist allerdings die Aufmachung als bayrischer Biergarten, die ich einfach mal ignoriere, um mich voll und ganz auf mein Essen zu konzentrieren). Eine hervorragende Pfifferlingssuppe mit Backerbsen und ein leckeres Sommerbaguette mit Sous-Vide gegartem Landhuhn vom regionalen Bauernhof Pleus in Prinzhöfte. Schön, dass hier im Alten Amtshaus so viel auf Regionalität geachtet wird. Eine tolle Alternative zu den in dieser Region angesiedelten Großmastbetrieben und Großschlachtereien, die ja gerade in aller Munde sind. Nicht zuletzt deshalb kann diese Lokalität unbedingt empfohlen werden!
17.07.2020
Am Freitag stehen dann endlich das Holle- und das Wittemoor auf dem Programm. Zwei nebeneinander liegende Hochmoore, die allerdings durch viele Jahre Torfstich und Entwässerung stark gebeutelt sind. Glücklicherweise werden sie heute wieder vernässt, was an einigen Ecken gut zu sehen ist, da sich hier große Tümpel bilden, an denen zahlreiche Großlibellen aktiv sind. Die Moore sind jedoch stark von Birkenwuchs geprägt und in Kombination mit schwüler Wärme (Das Thermometer nähert sich den 25°C) und zahlreichen Mücken und Bremsen ist der Weg nicht ganz so angenehm.
Interessant ist u.a. ein Bohlenweg, der nach historischem Vorbild gebaut wurde und ebenso wie das Beispiel eines Torfstiches einen Eindruck der Vergangenheit übermittelt.
Schade nur, dass das Wetter in den frühen Morgenstunden zu wünschen übriggelassen hat, denn die Zeit kurz nach Sonnenaufgang wäre für diese Location sicher der bessere Zeitpunkt. Der Rückweg führt durch zahlreiche Alleen und durch eine Feldlandschaft - die Sonne brennt von oben. Wenigstens tauchen hier und da immer mal ein paar Raubvögel in der Ferne auf und auch das Storchenpaar, das am Himmel seine Kreise zieht, sorgt für etwas Abwechslung.
Nachmittags absolviere ich dann noch ein kurzes touristisches Programm in Wildeshausen. Die Stadt ist sehr übersichtlich, besitzt aber auch Charme. Insbesondere die Gegend um die Kirche ist sehenswert. Bemerkenswert ist aber auch die Buchhandlung „Bökers am Markt“ deren Verkäuferin mit stark dänischem Akzent spricht (was uns gleich zu einem Gespräch führt) und ein durchaus gut sortierter Wein- und Spirituosenladen, der eine ansehnliche Auswahl an Single Malts bereithält.
Für diesen kurzen Ausflug ins Städtische habe ich mich für die schlanke Variante entschieden und nur die G9 mit dem 12-60 mm Objektiv eingepackt (Vollformat: 24-120 mm – also Weitwinkel bis kurzes Teleobjektiv), das sich für solche Einsätze als sehr flexibel und geeignet herausgestellt hat.
Wieder am Hotel angekommen beschließe ich noch kurz die Teichanlage anzuschauen, die zwischen dem Hotel und der nahegelegenen A1 angelegt ist. Natürlich tummeln sich hier im Blütenmeer ungefähr 4 verschiedene Libellenarten (darunter auch eine Prachtlibelle) und ein Zaunkönig sitzt adrett auf einem Ast und beschimpft mich wüst. Ich hatte erwähnt, dass ich tatsächlich nur das 12-60 mm Objektiv dabeihabe, das hier natürlich keinen ausreichenden Spielraum bietet. Da der Himmel langsam zuzieht und es verdächtig nach Regen ausschaut beschließe ich, am nächsten Morgen früh aufzustehen und noch einmal auf kurze Tour zu gehen. Das Gute liegt manchmal doch sehr nah…
Abends geht es dann zum Besuch eines befreundeten Ehepaares ins auch nicht weit entfernte Osnabrück. Hier wird mir wieder klar, dass ich manche Ecken unseres Landes so gar nicht kenne und auch die Abstände nicht wirklich einschätzen kann. Osnabrück ist tatsächlich nur einen Katzensprung entfernt, dass es von da aus aber noch nicht mal mehr 130 Km bis Dortmund sind war mir so gar nicht bewusst.
In der Friedensstadt angekommen gibt es ein leckeres Abendessen auf der Loggia der Gastgeber mit Blick auf das Rathaus und die Marienkirche bei kurzweiligen Gesprächen. Ein toller Abend, auch wenn sich der Uhu, der regelmäßig an der Kirche zu Gast ist natürlich nicht blicken lässt. Auch das passt irgendwie in das Gesamtbild der letzten Tage.
18.07.2020
Die knapp 40 Kilometer, die ich in den letzten drei Tagen zurückgelegt habe und die Tatsache, dass meine Rückkehr am Vortag deutlich nach Mitternacht stattgefunden hat, kämpfen hart mit der Motivation noch einmal den Hausteich zu inspizieren. Da aber inzwischen die Sonne herausgekommen ist, stehe ich dann doch kurz vor 7 auf, um mich auf den Weg zu machen. Der Weg hat sich gelohnt! Eine tolle Stimmung. Taubenetzte Pflanzen im glitzernden Morgenlicht und sogar einzelne Libellen. Dass die Prachtlibelle sich natürlich nicht gezeigt hat, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen. Trotzdem ein guter Start in den Tag.
Nach dem Frühstück geht es dann auch schon wieder Richtung Heimat. Bei der Planung der Tour habe ich mich intensiv mit den verschiedenen Zielen beschäftigt und geschaut, welche Tier- und Pflanzenwelt dort heimisch ist. Vergessen habe ich allerdings zu schauen, wann welches Bundesland Ferienbeginn hat. Die begonnen Ferien in Niedersachsen machen die Fahrt zu einem besonders intensiven Erlebnis. Aber in Roikier angekommen bin ich schließlich doch.
Fazit ist, dass die Wildeshauser Geest auf jeden Fall eine Reise wert ist. Vielleicht nicht unbedingt im Hochsommer, aber alternativ würde sich der Frühling anbieten. Die Gegend bietet auf jeden Fall abwechslungsreiche Gebiete und Biotope (von denen ich jetzt weiß, welche an welchen Ecken besonders vielversprechend sind) und ich würde sagen, Wildeshausen – wir sehen uns wieder.
Eine weitere Erkenntnis ist, dass der neu angeschaffte Rollei-Schlittengurt eine richtig gute Investition ist. Man hat die Hände frei und die Kamera, die an der Seite hängt, ist immer Griffbereit. Das funktioniert erstaunlicherweise auch in Kombination mit dem Rucksack und/oder einer weiteren Kamera mit Halsgurt. Hierfür gibt’s glatte 10 von 10 Punkten!