Nordfriesland 2021
Montag, 24.05.2021
Vor langer Zeit haben wir beschlossen, dass unser Badezimmer einer Generalüberholung bedarf. Was liegt da näher, als die zu Überbrückende Zeit mit einer Fernreise zu verbinden. Da Clemens Reise auf die Färöer erneut wegen Covid 19 abgesagt wurde, musste ein ähnlich exotisches Ziel gefunden werden. Schnell stellte sich heraus, dass dies nur Bohmstedt sein könne…
Sollte jemand tatsächlich den angesagten Hotspot Bohmstedt nicht kennen, es handelt sich um ein beschauliches Dorf unweit von Bredstedt in Nordfriesland - also rund 60km westlich von Roikier.
Unser Basislager errichten wir im dortigen Hotel Paulsens Landgasthof. Sowohl der Beltringharder Koog, die Arlauer Schleuse und das Naturschutzgebiet Wester Spätinge sind in unmittelbarer Nähe, Westerhever und das Eidersperrwerk aber auch nicht zu weit weg. Möglichkeiten fürs Fotografieren sind also ausreichend vorhanden.
Den negativen Schnelltest holen wir uns auf der Hinfahrt in Sörup ab und starten am späten Vormittag los in Richtung Westküste. Als erstes Ziel – wie sollte es bei uns anders sein – steuern wir Strucklahnungshörn an, um ein deftiges spätes Fischbrötchenfrühstück zu uns zu nehmen. Spyke bekommt selbstverständlich was vom Matjes ab. Dann fahren wir weiter zum Hotel, wo wir unser Zimmer beziehen und nach der langen und anstrengenden Reise eine kleine Pause einlegen – man muss schließlich dem Jetlag vorbeugen!
Am Nachmittag geht es zunächst nach Bredstedt, um dort den Urlaubsbeginn mit einem Eis zu feiern. Hier geht es dann noch eine Runde durch die wunderschöne historische Altstadt am Marktplatz (epochal von den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts geprägt) und der inzwischen stärker werdende Regen bietet eine passende Begleitung.
Aber so ein stetiger Dauerregen kann echte Nordlichter ja nicht aufhalten. Und schließlich sind wir ja zum Fotografieren hier. Also fahren wir weiter zur Arlauer Schleuse, um uns dort im Hide und dem angrenzenden Schilfgürtel einen ersten Eindruck der derzeitigen Vogelwelt zu verschaffen. Erste erfolge stellen sich auch schnell ein, neben den üblichen Verdächtigen wie Austernfischer und Möwen zeigen sich Sandregenpfeifer, Kiebitzregenpfeifer, Rotschenkel und sogar ein Seeadler. Letzterer liefert sich einen spektakulären Luftkampf mit einer Weihe – zwar nicht gut auf ein Foto zu bannen aber doch sehr spannend anzusehen.
Anschließend ist Abendessen im Hotel angesagt. Wir haben diesmal Halbpension gebucht, so dass ein leckeres 3-Gänge Menü auf uns wartet: Vitello Tonnato, Schweinefilet im Speckmantel auf Pfannengemüse an Kartoffelgratin. Zum Nachtisch dann Brownies mit Erdbeer-Waldmeister-Sorbet. Es geht schlechter.
Während Annika eine Maibowle trinkt bekommt Clemens etliche Flensburger Pilsener, dank der sehr eifrigen Kellnerin, die jedes freundliche Nicken als Bestätigung für eine neue Bestellung nimmt.
Zufrieden gehen wir dann wieder ins Zimmer und schließen den Tag mit dem Verfassen dieser Zeilen.
Dienstag, 25.05.2021
Nach einem ausgiebigen Frühstück machen wir uns auf in Richtung Husum. Annika soll neue Schuhe haben, Clemens braucht Lesestoff. Mit erfolgreichem Einkauf geht es dann weiter nach Simonsberg in das Naturschutzgebiet Wester Spätinge. Vor einigen Wochen waren wir dort schon einmal fotografisch erfolgreich und konnten Löffler beobachten.
Heute ist es allerdings recht windig, sodass sich die Seevögel rarmachen, nur ab und zu fliegen Singvögel aus dem Schilf auf um mit kurzen Gesangseinlagen zu beeindrucken. Da das Schilf ordentlich in Bewegung ist, bieten sie keine wirklich guten Motive.
Das ist bei den wolligen Deichbewohnern ganz anders. Wir erklimmen den Deichfirst und gesellen uns zwischen die Schafe, die schnell ihre anfängliche Skepsis (vor allem dem Hund gegenüber) verlieren. Besonders die Lämmer sind teils sehr neugierig und wollen wissen, was diese komischen Wesen mit den schwarzen Kisten von ihnen wollen.
Also räkeln wir uns zwischen der Schafschei… um die richtigen Perspektiven für unsere Weitwinkel zu bekommen. Annika packt zusätzlich ihr geerbtes Schätzchen aus, eine Fotobox aus den 1940er Jahren, die ihre Oma schon auf der Flucht aus Pommern begleitet hat. Bestückt mit einem neuen Rollfilm (ILFORD FP4) wird nun versucht, die Szenerie auch hiermit einzufangen. Ob es erfolgreich ist, wird sich allerdings erst zeigen, wenn der Film im heimischen Labor entwickelt sein wird.
Dann geht es erst einmal wieder ins Hotel zur Bilderauswertung, bevor wir am späten Nachmittag noch einmal Richtung Beltringharder Koog losziehen. In einer der Ansitzhütten beziehen wir Position und warten auf das, was da kommen mag. Nichts Spektakuläres zeigt sich, aber die ein oder andere Flugstudie wird eingefangen.
Auf dem Weg zum zweiten Ansitz zeigt sich wenigsten eine Uferschnepfe, die erst auf einem Pfahl posiert, dann aber unser Auto als Feind identifiziert (vielleicht, weil sie sich in der Scheibe spiegelt?) und auf Angriff fliegt. Außer einem dicken Klacks Vogelkacke auf dem Benz bleiben aber alle Beteiligten unversehrt.
Zum Ende des Tages dann wieder der kulinarische Höhepunkt: Das abendliche 3-Gänge-Menue besteht diesmal aus einer Krustentiersuppe, gebratenem Lammrücken auf Speckbohnen mit Herzoginnenkartoffeln und einem warmen Schokokuchen mit flüssigem Kern und einer Kugel Waldbeer--Sorbet. Ein guter Tropfen einer örtlichen Brennerei rundet das ganze ab.
Mittwoch, 26.05.2021
Das Wetter hält, was der Wetterbericht verspricht: Regen in seinen verschiedensten Ausführungen begleitet uns durch den Tag. Das ganze gepaart mit ordentlichen Windstärken lässt die ganze Sache noch spaßiger erscheinen. Vermutlich ist dies die Entschädigung für die entgangene Faröer-Reise... Deshalb entscheiden wir uns für die Indoor/Outdoor-Kombination. Auf das Beobachten von Vögeln möchten wir nicht verzichten, wollen den Tag aber einigermaßen trocken überstehen. Also steuern wir eine halbwegs geschützte Ansitzhütte an der Arlauer Schleuse an – zumindest hoffen wir, dass sie halbwegs geschützt ist.
Bereits auf dem kurzen Weg zur Hütte sind wir sehr froh wetterfeste Kleidung zu haben und auch der Regenschutz unserer Fotorucksäcke muss einiges abhalten. Nur Spyke trotzt allen Widrigkeiten und trabt – die Nase immer in der steifen Brise – munter voran.
Die Wetterlage nimmt uns dann auch gleich die Entscheidung ab, in welche Richtung wir beobachten wollen. Regen und Wind direkt von vorne sind zwar erfrischend, aber nicht von ornithologischem Erfolg gekrönt.
Nach und nach stellen sich dann auch auf der wetterabgewandten Seite ein paar Sichtungen ein. Währen Spyke auf der eigens für ihn mitgebrachten Decke chillt, fliegen uns u.a. Säbelschnäbler, Austernfischer, Knutts und zahlreiche Möwen vor die Linsen. Ein toller Anblick. Wirklich beeindruckt haben uns allerdings die zwei Radfahrer, die tapfer durch den strömenden Regen wie ziellos durch das Naturschutzgebiet geirrt… ähm… geradelt sind. Wer da wohl wem heute Abend irgendwelche Vorhaltungen macht…
Nach einiger Zeit sind wir nicht nur ordentlich durchgepustet sondern auch durchgefroren – wer denkt Ende Mai schon an Handschuhe, Mütze und Schal??? – also wechseln wir noch einmal die Hütte auf die windabgewandte Seite. Dort überblickt man einen kleinen See, der Enten und anderen Wasservögeln etwas Schutz bietet. Auch wir empfinden unseren Aussichtsposten gleich als etwas angenehmer. Und zur großen Freude posen Haubentaucher, Reiherenten und Uferschwalben für uns. Am frühen Nachmittag brechen wir aber auch dort unsere Zelte ab und fahren erst einmal zum Aufwärmen ins Hotel.
Am frühen Abend zieht es uns dann mal in unbekanntere Gefilde. Nahe Schlüttsiel im Hauke-Haien-Koog gibt es eine neue Ansitzhütte, die wir ausprobieren wollen. Sie ist zwar so gelegen, dass man sie fast trockenen Fußes erreicht (der Eingang befindet sich 2m neben dem Parkplatz), jedoch leider auch direkt an der Verbindungsstraße zum Fährhafen Schlüttsiel. Dem Sturm, der an den Brettern der Hütte rüttelt, steht der Verkehrslärm in nichts nach; eine Mischung, die das Naturerlebnis deutlich trübt. Die rund 1000 Graugänse und einige andere Wasserbewohner haben auch mit dem Sturm und den Wellen zu kämpfen. Insbesondere die Masse an Gänsen ist ein toller Anblick, allerdings werden wir die Hütte aufgrund ihrer Lage nicht in unser Standartrepertoire aufnehmen.
Im Hotel angekommen, wartet - wie soll es auch anders sein – das Abendessen. Hier entzweit sich das Ehepaar Teschendorf das erste Mal in diesem Urlaub. Während bei der Vorspeise – Matjestartar mit Hausfrauensoße – noch Einigkeit herrscht, geht man beim Hauptgericht getrennte Wege. Clemens isst Scampi mit grünem Spargel und Zuckererbsen auf Bandnudeln, Annika bevorzugt Maishähnchen mit Ratatouille und Rosmarinkartoffeln. Zum Glück finden wir im Dessert – Sorbet von Feige, Kirsche und weißer Schokolade, dazu einen Schlehengeist – wieder zusammen, so dass noch eine friedliche Abendrunde mit dem Hund rund um Bohmstedt möglich ist. Hierbei begleitet uns der Ruf eines Kauzes und wir nehmen uns vor, in den nächsten Tagen nochmal genauer nach diesem Vogel Ausschau zu halten.
Donnerstag, 27.05.2021
Wie jeden Morgen nach dem Frühstück geht es in den Saal des Hotels zur Corona-Teststation. Mit dem frischen Zertifikat in der Tasche machen wir uns heute auf Richtung Eidersperrwerk. Diesmal im Gepäck haben wir neben der obligatorischen Kameraausrüstung auch einen Picknickkorb, der zu unserem Hotelarrangement dazugehört. Aber zunächst wollen wir eine Runde durchs Katinger Watt drehen. Der Startpunkt der Rundwanderung ist schnell gefunden und das Wetter zunächst auch noch gnädig. Es kommt sogar mal die Sonne zwischen den Wolken hindurch. Wir wandern an der Eider entlang auf dem Deich, den Weg säumen zahlreich Knabenkräuter. Die Seevögel sind allerdings nicht in Fotoabstand, so dass der Hund mal wieder dran glauben muss.
Der zweite Teil der Runde führt uns durch waldiges Gebiet. Zumindest nehmen wir das an… denn ein ganz interessant aussehender Naturlehrpfad läuft quasi parallel zur Straße. Frohen Mutes laufen wir den Weg entlang und schauen nach allerlei Getier, wie z.B. einem Paar Steiglitze, die uns mehr oder weniger begleiten. Allerdings trübt der inzwischen einsetzende Regen die Freude dann doch etwas. Zumal sich herausstellt, dass die Wegführung wohl doch nicht so ganz mit der ursprünglich beabsichtigten übereinstimmt. Der Regen, der anfangs in Form von Schauern über uns hinweg gezogen ist, verstetigt sich derweil. Die wirkt sich nicht unbedingt positiv auf die Gemütslage aus. Auch wenn der Weg eigentlich sehr schön ist. Er führt entlang eines kleinen Flusses und über Wiesen mit Knabenkraut, Lupinen und anderen bunt blühenden Wildblumen. Zwischenzeitlich zeigt sich auch noch der Seeadler, als er von seinem Ansitz in einem nahegelegenen Baum auffliegt. Da wir die Kameras aber wassergeschützt einpacken mussten, ist das majestätische Tier schneller weg, als wir unser Equipment entpacken können.
Nach rund sieben Kilometern erreichen wir aber doch das Auto wieder. Schnell suchen wir uns eine geeignete Location für unser lang ersehntes Picknick. Ein abgelegenes Buswartehäuschen bietet Schutz vor dem Wetter und verhindert, dass Kaffee und Essen verregnen.
Nun können wir die zahlreichen Leckereien genießen: Frikadellen, Datteln im Speckmantel, Lachs, Tomate Mozzarella mit wunderbarem Pesto, gekochte Eier, Gemüse mit Quark, Obstsalat und Brownies lassen das Herz höherschlagen.
Da das Wetter weiter Kapriolen schlägt, entschließen wir uns zunächst wieder ins Hotel zu fahren. Fotos sichten, eine kurze Pause einlegen und dann wartet schon das nächste Essen auf uns: Kürbis-Mango-Suppe mit Garnelenspieß, Backfisch mit Salat und Bratkartoffeln, sowie Eis mit Nüssen sind heute unser Menü. Zufrieden beenden wir diesen Tag mit dem Verfassen dieser Zeilen und sind voller Spannung was das Wetter am morgigen Tag zu bieten hat.
Freitag, 28.05.2021
Heute ist der Tag, an dem der Wetterbericht endlich Sonne vorausgesagt hat. Diese ist allerdings bisher noch nicht wirklich zu sehen. Naja. Nach dem Frühstück geht es dann trotzdem noch einmal los Richtung Eidersperrwerk. Zum einen möchten wir noch einmal zur Ansitzhütte am Ringpriel und zum anderen haben wir noch eine Verabredung mit den Küsten- und Flussseeschwalben, die am Eidersperrwerk jeden Sommer eine Kolonie gründen um ihre jungen großziehen.
Dass sich der angekündigte Sonnenschein in einer dichten einheitsgrauen Wolkendecke mit gelegentlichen nassen Tropfen von oben darstellt, ist schon etwas gewöhnungsbedürftig – aber wir hatten ja bereits ein paar Tage Zeit zum Üben, wie man bei Regen fotografiert. Bereits auf dem Weg zu Hütte entdecken wir viele Schönheiten am Wegesrand: Lupinen, hübsche Insekten und eine Zahl von Knabenkräutern, wie wir sie noch nie gesehen haben. Weniger schön, dafür beeindruckend ist der Pappelschwärmer, der den Tag unter einem Lupinenblatt verschläft. Mit seiner bis zu 10cm langen Flügelspannweite, ist er einer der größten Nachtschwärmer in unseren Breiten.
Am Ringpriel ist noch nicht viel los. Ein paar Singvögel lassen sich am Schilfrand blicken und kurz schwimmt ein Nutria den Priel entlang. Zu unserer großen Freude lassen sich dann aber zwei Zwergtaucher blicken, die immer wieder an der Ansitzhütte vorbeischwimmen. Insbesondere auf dem grünlich schimmernden Wasser und vor den Schilfkanten geben Sie gute Motive ab.
Nach einigen Stunden geht es dann Richtung Eidersperrwerk. Hier ist ordentlich Aktivität und auch ein weiterer Fotograf ist schon vor Ort. Dieser ist sehr erfreut, als wir anfangs etwas unvorsichtig sind und die ersten Schwalben uns attackieren. Ja, liebes Tagebuch, Schnäbel sind sehr spitz und können zu blutenden Wunden führen…. Also nicht zu Hause nachmachen!
Auch hier verbringen wir einige Stunden, die Kamera immer im Anschlag und auf Dauerfeuer gestellt. Flugstudien, Kampf- und Balzszenen, Fischfang… die quirligen Vögel geben Alles um von uns abgelichtet zu werden. Mit weit über 400 Fotos (pro Person) geht es dann wieder ins Hotel.
Zum Abendessen erwartet und heute das Steakbrett. Auf die Vorsuppe wir heute mal verzichtet, aber ein Nachtisch muss natürlich trotzdem sein: Crème Brûllée mit einer Kugel Kaffeeeis und ein Verdauerli dazu. Müde wie jeden Abend fallen wir danach ins Bett und schlummern zum letzten Mal für diesen Urlaub in diesem gemütlichen Zimmer ein.
Samstag, 29.05.2021
Endlich gutes Wetter! – verspricht zumindest der Wetterbericht, der sich aber dann Stunde um Stunde korrigiert… Egal, wir beschließen nach dem Auschecken noch einmal in den Koog zu fahren um zu schauen, ob es dort etwas Neues gibt. Und siehe da – neben 10.000 Touristen, die vorher auch noch nicht da waren – haben die ersten Nonnengänse Nachwuchs. Und so entstehen noch mal eine Vielzahl an Fotos von den kleinen flauschigen Küken, die sehr selbstbewusst und immer unter den wachsamen Augen der durchaus streitbaren Eltern die Welt entdecken. Schön ist vor allem der Schwimmunterricht, der auch schon auf dem Programm steht. Hier könnte man stundenlang zuschauen.
Dann heißt es Abschied nehmen. Eine Rohrammer singt uns ein Abschiedslied und Uferschnepfen bilden auf den Weidezaunpfählen ein Spalier (Abbildung ähnlich…).
Also machen wir uns auf den langen und beschwerlichen Heimweg und sind froh, als wir eine knappe Stunde später wieder in Roikier ankommen. Neben unseren acht Katzen wartet auch ein neues Bad auf uns. Da macht es doch Spaß, wieder zu Hause zu sein.
Und die nächste Urlaubsfahrt kommt bestimmt. Im Juli geht es nach Nordhessen in den Nationalpark Kellerwald-Edersee. Wir werden berichten!